Mode-Zukunft: die Grmpf Hose

Wahrscheinlich gibt es kaum eine tollere Berufsbezeichung mit Modebezug als „Future Wardrobe and Design Consultant“ bei einer Filmproduktion, noch dazu bei einem so gelungenen Film wie „Her“ von Spike Jonze. (Sidenote: Vom Trailer war ich ja nicht besonders angetan und schickte mich also fast widerwillig an, mir „Her“ anzuschauen, aber der Film selbst ist wirklich sehenswert und wartet mit sehr vielen interessanten kleinen Ideen in puncto „where mankind is heading“ auf).

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Da „Her“ in der zwar nicht allzufernen aber eben doch nicht ganz greifbaren Zukunft spielt (bezeichnend: gefilmt wurde On Location in Los Angeles und Shanghai, weil Shanghai offenbar als die urbanistische Zukunftsstadt gilt… Ich erinnere an „Blade Runner“, das ebenfalls in einem zukünftigen Los Angeles angesiedelt ist, welches sich aber deutlich dunkler und trister ausmacht als die durchaus lebenswerte Metropole, die in „Her“ zu sehen ist. Aber dann wieder: Spike Jonze ist nicht Ridley Scott…), musste also jemand her, der sich mit dem Manifest-Werden von Trends über eine Zeitspanne von mehr als nur ein, zwei Saisonen auskennt.

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Kenzo-Sweater, alle auf thecorner.com

 

Also ein Modedesigner – eh logisch. Als „Future Wardrobe and Design Consultant“ fungierte nun laut MitarbeiterInnenliste bei „Her“ Humberto Leon. Jawohl, Opening-Ceremony-Humberto. Und natürlich, Kenzo-Humberto. KEN-ZO. Eh schon wissen, Trendalarm und so.

So fühlt sich wahrscheinlich nicht nur Joaquin Phoenix, wenn er so eine Hose tragen muss. Grmpf.
So fühlt sich wahrscheinlich nicht nur Joaquin Phoenix, wenn er so eine Hose tragen muss. Grmpf.

Allerdings muss ich schon meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass der gute Trend-Guru Humberto bei seiner Prophezeiung, dass die Zukunft (irgendwie mutmaßt man als „Her“-Zuseher, dass da nicht mehr so viel saisonaler Wechsel stattfinden wird, weil die Menschen ja quasi komplett postmateriell geworden sind) in erster Linie auf Taille geschnittene Wollhosen bringt, zumindest für Männer, nicht recht behält.

Auch ein Future Wardrobe Consultant kann schließlich nicht im Kaffeesud lesen, zwingend. Sage (und hoffe) ich jetzt einfach einmal so …

 

 

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Vielseitig einsetzbar: Chloë Sevigny

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Vielseitig und multipel: Chloë Sevigny für Opening Ceremony, FW 13/14.

Es gibt wenige Ausdrücke, die ich, wenn sie in übertragenem Sinn gebraucht werden, so blöd finde wie „One-Stop-Shop“, auch wenn das Konzept der Vielseitigkeit und des Alles-an-einem-Ort-Vorfindens freilich besonders beliebt ist. Sei’s aber drum, denn Chloë (ich liebe die Mac-Tastatur übrigens dafür, dass sie mir ganz unkompliziert ein Trema übers „e“ spuckt, das sei hier auch mal erwähnt) Sevigny erweist sich im Mode-Werbe-Modelkontext, hier in New York, als eben so ein One-Stop-Shop für die Marke Opening Ceremony: sie designt, sie modelt, sie macht Werbung.

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Die gute Chloë also, Modemenschen etwa auch als Miu-Miu-Testimonial nicht unbekannt, durfte wieder einmal ran (sie hat nicht zum ersten Mal für das Label entworfen) – vor ein paar Tagen wurde ihre Herbst-Winter-Kollektion präsentiert. Von der inflationären Ausweitung des Begriffs „Creative Director“ war hier vor Kurzem ja schon die Rede, das Sevignysche Engagement für die New Yorker Kultmarke fällt ja wenigstens irgendwie in diese Kategorie.

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CS in einer eingeschränkteren Rolle, hier „nur“ die Werbeträgerin von Miu Miu.

Bleibt mir nur noch hinzuzufügen, dass ich weiterhin die Arbeit von Humberto Leon und Carol Lim (die beiden stehen hinter „Opening Ceremony“ als Concept-Store mit angehängter Modemarke)  für überbewertet halte, auch wenn mittlerweile der gesamte Modezirkus Lobeshymnen auf ihre frischen Impulse für Kenzo singt. Nun ja. Manchmal hat man eben eine andere Meinung. Und Meinungen sind ja auch nicht in Stein gemeißelt. Wenigstens, wenn sie die Ästhetik einer Modemarke betreffen, nicht wahr?