
Seit ich ihn vor – wievielen? tausend, in Modezeitrechnung! – Jahren in einem kleinen und sehr leistbaren Hotel in Mailand kennenlernte, wo er (und übrigens auch Bryanboy in seinen Anfängen, Stichwort „klein und leistbar“ – also definitiv nicht das Principe di Savoia) während der Settimana della moda abstieg, arbeite ich für das einmal im Jahr erscheinende Backstage-Special im „Schaufenster“-Magazin von „Die Presse“ mit dem Australier Sonny Vandevelde zusammen.

Mittlerweile ist Sonny in ein anderes Hotel desselben Betreibers umgezogen, wo er mehr Platz hat und – ganz wichtig – das Internet besser funktioniert. Die Stammgäste im Minihotel von zuvor sind wahrscheinlich recht erleichtert, dass sie nicht bei jeder Tages- und Nachtzeit ein bei Internetaussetzern in Lobby-slash-Rezeption-slash-Frühstücksraum auf einen bei Internetaussetzern grimmig aufbrummenden Vollbartträger treffen müssen.

Sonny, der allem grimmigen Aufbrummen zum Trotze natürlich ein wahrhaft sonniges Gemüt hat – wie es sein Name ja schon nahelegt -, gehört zu den Fixstartern des Modewochentreibens. Seit Jahren treibt er unermüdlich hinter dem Vorhang und in den Kulissen des Catwalkgeschehens die Lacher und Lächler der Models ein. Als er mit seinem Job begann, war das Ganze wohl noch wirklich spontan, und die (wenigen) Backstagefotografen konnten in einigermaßen ungezwungener Atmosphäre auf die Models treffen.

Mittlerweile gehören die Backstage-Fotocalls längst zum Standardrepertoire des Fashion-Week-Wahnsinns, und von Models wird verlangt, dass sie, sobald sie um die Kurve biegen und den Catwalk verlassen, vom unfreundlich-ernst-schönen Schauen in den Klamauk-und Grimassenmodus umschalten müssen.
Backstage ist eben längst das neue Onstage, oder, zum Verdruss von Erving Goffman, von der „Presentation of Self in Everyday Life“ gibt es im Modealltag keine Pausen mehr.