Amoako Boafo: „Manche haben #BLM als Gelegenheit gesehen, Profit auf dem Rücken schwarzer Künstler*innen zu machen“

Es war nicht ganz einfach, aber für diese Ausgabe ist es gelungen, den international gefeierten ghanaischen Maler Amoako Boafo auf das Cover zu holen und zum Interview zu bitten. Als der aktuell „größte Star des Kunstmarkts“ (Artnet, September 2020) ist Boafo ein ebenso gesuchter wie schwer zu erreichender Gesprächspartner – nicht nur wegen der Pandemiesituation.

Seine Galeristin in Chicago, Mariane Ibrahim, tut ihr Möglichstes, um Boafo gegen allzu viele Medienanfragen abzuschirmen; das dürfte eine Folge des Booms am Sekundärmarkt sein, vielleicht auch der zum Teil sehr offenherzigen Aussagen Boafos gegenüber Artnet – und vielleicht spielt auch Amoako Boafos Auftritt als Gastdesigner für die Sommerkollektion von Dior Homme eine Rolle.

Mir ist es aber gelungen, Amoako Boafo, der die Akademie der Bildenden Künste in Wien absolvierte und hier Mitinitiator des Vereins We Dey ist, zu erreichen. Nolis Anderson hat ihn außerdem für das Magazin in Chicago fotografiert.

Unter allen Aussagen von Amoako Boafo finde ich vielleicht diese am zitierenswertesten, weil wir über die Rolle von schwarzen Künstler*innen nach Beginn der #BlackLivesMatter-Bewegung gesprochen haben. Er meinte: „Ich fand die #BLM-Bewegung inspirierend und wichtig. Was die Kunstwelt betrifft, so denke ich, dass viele Sammler und Institutionen auch dadurch nochmals darauf aufmerksam werden, dass die Arbeit von schwarzen Künstlern vielfach unterrepräsentiert ist.“

Nicht ohne hinzuzufügen: „Manche haben #BLM aber leider als Gelegenheit gesehen, Profit auf dem Rücken schwarzer Künstler*innen zu machen, wobei sie die Bedeutung und Relevanz eines Werks zu ignorieren bereit sind.“ Das ist leider bestimmt richtig, auch wenn zu hoffen bleibt, dass die mittel- und langfristige Entwicklung solche Vorstöße von Profitorientierten nicht mehr begünstigt.

Der ganze Text ist hier nachzulesen: „Die Türen öffnen sich“ auf diepresse.com

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Hisham Morscher: „Ich wollte immer Musik machen und in Filmen mitspielen“

Foto: Elsa Okazaki

Für viele ist TikTok vielleicht noch ein kleines Mysterium – oder zumindest eine Social-Media-Plattform, in der sie sich lieber nur umsehen, anstatt selbst die quietschbunten, superschnellen Inhalte zu produzieren, die man braucht, um Aufmerksamkeit zu erhalten.

Der in Wien lebende Schweizer mit marokkanischen Wurzeln Hisham Morscher zählt zu jenen, die in Österreich mit ihren originellen Inhalten (aber fast ganz ohne Teilnahme an irgendwelchen Dance-Challenges) eine kleine Fangemeinde aufbauen konnten. Hisham ist freilich kein Teenie mehr, sondern ein „gelernter“ Schauspieler, Tänzer und Musiker, der soziale Medien auch zur Bekanntmachung seiner Talente nutzt.

Fotos: Elsa Okazaki

Ich habe Hisham zu einem Fotoshooting eingeladen – die wunderbare Elsa Okazaki, die für solche Porträtaufnahmen geradezu prädestiniert ist, hat ihn für das Magazin abgelichtet, und parallel dazu habe ich mich mit Hisham unterhalten.

Mein Porträt ist hier nachzulesen: „Vorbild mit Wirkung“ auf DiePresse.com

Schau stehlen!

Sonny2017
Backstage-Special 2017

Seit ich ihn vor – wievielen? tausend, in Modezeitrechnung! – Jahren in einem kleinen und sehr leistbaren Hotel in Mailand kennenlernte, wo er (und übrigens auch Bryanboy in seinen Anfängen, Stichwort „klein und leistbar“ – also definitiv nicht das Principe di Savoia) während der Settimana della moda abstieg, arbeite ich für das einmal im Jahr erscheinende Backstage-Special im „Schaufenster“-Magazin von „Die Presse“ mit dem Australier Sonny Vandevelde zusammen.

Sonny2018
Backstage-Special 2018

Mittlerweile ist Sonny in ein anderes Hotel desselben Betreibers umgezogen, wo er mehr Platz hat und – ganz wichtig – das Internet besser funktioniert. Die Stammgäste im Minihotel von zuvor sind wahrscheinlich recht erleichtert, dass sie nicht bei jeder Tages- und Nachtzeit ein bei Internetaussetzern in Lobby-slash-Rezeption-slash-Frühstücksraum auf einen bei Internetaussetzern grimmig aufbrummenden Vollbartträger treffen müssen.

Sonny2019
Backstage-Special 2019

Sonny, der allem grimmigen Aufbrummen zum Trotze natürlich ein wahrhaft sonniges Gemüt hat – wie es sein Name ja schon nahelegt -, gehört zu den Fixstartern des Modewochentreibens. Seit Jahren treibt er unermüdlich hinter dem Vorhang und in den Kulissen des Catwalkgeschehens die Lacher und Lächler der Models ein. Als er mit seinem Job begann, war das Ganze wohl noch wirklich spontan, und die (wenigen) Backstagefotografen konnten in einigermaßen ungezwungener Atmosphäre auf die Models treffen.

Sonny2020
Backstage-Special 2020, Cover

Mittlerweile gehören die Backstage-Fotocalls längst zum Standardrepertoire des Fashion-Week-Wahnsinns, und von Models wird verlangt, dass sie, sobald sie um die Kurve biegen und den Catwalk verlassen, vom unfreundlich-ernst-schönen Schauen in den Klamauk-und Grimassenmodus umschalten müssen.

Backstage ist eben längst das neue Onstage, oder, zum Verdruss von Erving Goffman, von der „Presentation of Self in Everyday Life“ gibt es im Modealltag keine Pausen mehr.

 

Vorauseilende Rückschau

SFCover2019
Trendheft März 2019, Foto: Jork Weismann

Immerhin kommen sie doppelt so oft vor im Jahreskreis wie die sprichwörtlichen „heiligen Zeiten“ – unsere Trendhefte zu Beginn der Saison. Seit Einführung dieses Formats, ich weiß schon gar nicht mehr genau, wann das war – 2013?, 2014? -, zeigen wir am Anfang einer Jahreszeit, also im Lifestylemedienjahr sind das März und September, die Keylooks der wichtigsten Modemarken aus Mailand, Paris, London, New York.

SFCover2018
Trendheft März 2018, Foto: Arton Sefa

Weil diese Ausgabe für das Magazin so wichtig ist, bietet es sich natürlich an, größere Änderungen, markante Modifikationen jeweils hier unterzubringen. 2018 etwa war das Trendheft der Sommersaison auch jene Ausgabe, in der wir unser überarbeitetes, klareres Layout zum ersten Mal den Leser*innen präsentiert haben. Wie ich finde: ein schönes Beispiel für die Layoutkünste unseres Art Directors.

SFCover2017
Trendheft März 2017, Foto: Stefan Armbruster

2017 haben wir mit der Trendausgabe im März zugleich das 40-jährige Bestehen des „Schaufenster“-Magazins gefeiert, was für ein Supplement – weltweit, übrigens – sehr beachtlich ist. Im Februar 1977 wurde die Beilage der „Presse“ erstmals auf buntem Papier gedruckt, seit damals allerdings gilt: „We have come a long way.“

Das war damals auch jene Nummer (mit einem Look von Arthur Arbesser auf dem Cover, <3), mit der ich mich in ein Doktoratssabatical verabschiedet habe. Auf der Editorial-Seite habe ich den Cover-40er selbst nochmal in die Kamera gehalten. Das hat auch deshalb ganz gut gepasst, weil ich zwar nicht auf den Tag, aber immerhin auf das Jahr gleich alt bin wie das Magazin und sechs Monate später selbst einen „runden Geburtstag“ gefeiert habe. Cheers to that!

 

Stefanie Sargnagel zu Gast bei Harry und Meghan

Illustration: Stefanie Sargnagel

Wir haben uns – dem höchst blaublütigen Anlasse folgend – diesmal an einer Aristo-Ausgabe versucht, aber auch daran, ihr einen etwas qualitätsvolleren Twist zu verleihen; schließlich ist eine Qualitätstageszeitung kein Yellow Paper.

Zu unserer großen Freude hat auch Karikaturistin, Komödiantin und Buchautorin Stefanie Sargnagel etwas beigetragen, nämlich eine königliche Hochzeitszeichnung. Wahrscheinlich geht es in und auf den Köpfen der (Zaun-)Gäste bei Harry und Meghan auch wirklich genau so zu, wie sie sich das ausgemalt hat.

Foto: Carolina Frank

Für das Magazin hat die ausgewiesene Expertin für „all things royal“, Elisabeth Postl, einen unterhaltsamen und klugen Text über das „most instagrammable wedding“ des Jahres (oder aller Zeiten?) geschrieben.

Nachzulesen hier: „Keep Calm and Marry On“ auf DiePresse.com

VETEMENTS: Kokettieren mit dem Normalen

Für einen großen Artikel im „Schaufenster“ habe ich mir – nicht gerade als Erster, je l’avoue bien – Gedanken über das Pariser (pardon: Zürcher…) Modephänomen VETEMENTS gemacht. Dieses Kokettieren mit einem Bild der absoluten Normalität, bei gleichzeitigem Imagetransfer und Kontextverschiebung in den Luxussektor, gehört fraglos zu den interessantren Erscheinungen im aktuellen Modesystem.

Was ich da unternehme, ist unter anderem eine Lesart von Vetements im Sinne der Postironie nach Alex Shakar. Schließlich bleibt oft genug Modeexperten nach einem Defilee des „Kollektivs“ (the word…!) um Gvasalia die Frage im Halse stecken: „Kann das ernst gemeint sein?“ Umso erstaunlicher, dass – ein bisschen muss man an „Des Kaisers neue Kleider“ denken, die wichtigsten Fashion-Insider derzeit alles von Gvasalia, ob bei Balenciaga oder bei Vetements, quasi bedenkenlos als wichtigste Impulse der Avantgarde übernehmen.

Die ästhetischen Vorschläge von Vetements lassen sich somit als dual lesbarer (im Sinne des Antagonismus: Affirmation vs. Absage) und eben postironischer Kommentar zu den Dresscodes jener Fashion-Insider lesen, deren nonchalanter, für Uneingeweihte oft nahezu vernachlässigt wirkender Look aufgegriffen und einem vorbehaltlosen Upmarketing-Prozess unterzogen wird. Das Ganze verläuft aber nicht ohne einen Des-Kaisers-neue-Kleider-Effekt: Rasch wirken nämlich diese Vetements (oder eben „vêtements“) deplatziert oder machen sich als Fremdkörper am Träger aus, wenn dieser nicht die richtige Grundhaltung mitbringt. Auch dass sich bestimmte Vertreter des Fashion-Establishments im Umfeld von Vetements als Eindringlinge in einen fremden Kosmos ausmachen, ist bezeichnend.

Der ganze Text ist hier nachzulesen.

 

 

COS: Zehn Jahre Leisertreten

Anlässlich des zehjährigen Bestehens von COS habe ich für das „Presse Schaufenster“ in der Firmenzentrale in London die Chefdesignerin aller Linien, Karin Gustafsson, interviewt. Seit einem Jahrzehnt werden hier, fast im Sinne einer ständig erweiterten, permanenten Kollektion, mit denselben Mode-Codes neue Vorschläge gemacht: „Was sich im Lauf der Jahre verändert hat, sind am ehesten die Proportionen unserer Kollektionen. Wir haben immer noch das Hemd, die gut geschnittene Hose, das kleine Schwarze im Angebot, aber die Silhouette hat sich verändert“, sagt Gustafsson.

Der ganze Text ist hier nachzulesen.

Mode mit Message

In der „Presse am Sonntag“ ist mein Nachbericht zur letzten „Settimana della moda“ in Mailand erschienen. Auffällig viele Designer ließen dabei ihren Wunsch erkennen, mit ihren eigenen Mitteln einen Kommentar zur Welt abzugeben. Wie sinnvoll das ist, variiert von Fall zu Fall. Doch darf nicht darauf vergessen werden, dass sich ein Luxusprodukt – und das ist diese Art von Designermode unweigerlich – nur bedingt als Vehikel einer Protestkultur eignet und rasch den Beigeschmack des Zynismus bekommen kann.

„Eine Kollektion wird nicht zum Manifest, nur weil plakative Parolen auf Kleidungsstücken prangen. Und auch das Anlegen eines „Equality“-Sweaters ist per se kein Akt politischer Meinungsäußerung – ebenso wenig übrigens, wie bei einer auf Facebook angekündigten Demo auf „Like“ zu klicken.“

Der ganze Text ist hier nachzulesen.

 

Guyon für Schiaparelli: Freies Spiel

Seit das Maison Elsa Schiaparelli in Paris wiederbelebt wurde, verfolge ich die Enwticklung dieser einstigen „Belle endormie“ mit der größten Aufmerksamkeit. Eine erste Kollektion entwarf Christian Lacroix, auf ihn folgte Marco Zanini. Seit nunmehr vier Saisonen entwirft die Schiaparelli-Mode Bertrand Guyon. Er ist nun an einem Punkt angekommen, an dem er seine eigene Handschrift für die Marke entwickeln kann. Für das „Schaufenster“ habe ich ihn getroffen, im Interview sagte er etwa:

„Wenn ich mich zu weit weg bewege von den Codes der Schiaparelli, wird man mir vorwerfen, dass ich ihr Erbe nicht respektiere. Wenn ich zu nah an ihrer Ästhetik arbeite, wird man mir vorwerfen, dass ich nur mit Zitaten arbeite. Die Situation ist also ein wenig heikel. Und doch, mit der im Jänner vorgestellten Haute Couture habe ich meine vierte Kollektion für das Maison gezeigt, und damit war es auch möglich, mich aus dem reinen Zitiermodus herauszubewegen. „

Der ganze Text ist hier nachzulesen.

 

So geht „vulgär“ …

 

Ab Anfang März zeigt das Belvedere-Museum in Wien die Ausstellung „Vulgär?“, produziert vom Barbican Centre in London. Ich habe sie mir für das „Presse Schaufenster“ vorab angeschaut und einen Text verfasst:

Bemerkenswert ist, dass hier zum ersten Mal überhaupt eine große, internationale Modeausstellung von einem Wiener Haus übernommen wird. Lange konnte man sich ja fragen, wer vor Ort zur Verfügung stehen würde, um internationale Blockbuster wie etwa die um die Welt tourende Jean-Paul-Gaultier-Retrospektive zu übernehmen. Nun weiß man es: Ein etabliertes Kunstmuseum mit inhaltlicher Schwerpunktsetzung fernab der angewandten Kunst – auch ein Learning-Effekt, wenn man so will.

Der ganze Text für das „Presse Schaufenster“ ist hier zu finden.